Die Fachzeitschrift W&V hatte vier einfache Fragen an die Piratenpartei gesandt und um Aufklärung in Sachen „Julia Schramm ./. Urheberrecht“ gebeten. Wie verträgt es sich mit der Haltung der Partei zum Urheberrecht, dass eine herausgehobene Funktionärin (Beisitzerin im Bundesvorstand) ein Buch in einem Verlag veröffentlicht, der gegen Kopien dieses Werkes im Internet vorgeht? So die Kernfrage, die ja so manchen, derzeit beschäftigt, der noch gewillt ist, sich inhaltlich mich den Positionen der Piraten auseinanderzusetzen, sofern solche den überhaupt erkennbar oder greifbar sind.
Mangels konkreter Antworten veröffentlichte W&V schließlich unter der Schlagzeile „Julia Schramm: Wir kapieren es nicht mehr. Und Ihr?“ den kleinen Fragenkatalog. Es geht immerhin um den „Markenkern“ der Piratenpartei, um im Jargon der Marketingbranche zu bleiben, für die die W&V schreibt.
Heute antwortet der Bayernchef der Piratenpartei einigermaßen kleinlaut auf die W&V-Fragen und räumt einen „schmerzlichen Widerspruch“ zwischen Reden und Handeln ein, der ohnehin für jeden sichtbar ist. Der Verteidigungsversuch aus schwieriger Stellung heraus ehrt Stefan Körner dennoch.
Aber auch er lässt die Gelegenheit nicht aus, den bösen Verlag vorzuschieben, was meines Erachtens kompletter Unsinn bzw. eine ganz billige Ausflucht ist: „Nicht Julia geht dagegen vor, sondern der veröffentlichende Verlag“, schreibt Körner.
Was soll denn an diesem Umstand entlastend sein? Schließlich hat die Autorin doch einen Vertrag mit dem Verlag unterschrieben, zu dessen Geschäftsgrundlage das Verwertungsrecht gehört. Sie wusste doch genau, welche Konsequenzen dies – zum Beispiel in Sachen Verbreitung von Kopien – nach sich ziehen wird.
Und wenn Schramm im Interview mit der „Welt“ sagt, “Ich bin froh, dass mein Verlag und ich uns dazu entschieden haben, nicht gleich eine hohe Strafzahlung zu fordern, sondern zunächst eine nicht kostenpflichtige “Gelbe Karte” zu vergeben“, dann ist sie ja wohl auch mit dem Zeigen der „Roten Karte“ einverstanden. Das „gute Lektorat“ vom Knaus-Verlag jedenfalls, für das sie sich sogar unter Verzicht auf höhere Vorschusszahlungen entschieden haben will, muss jedenfalls auch irgendwie bezahlt werden.
Niemand hätte sie doch davon abgehalten, ihr Buch kostenfrei zum Download ins Netz zu stellen. Es steht jedem Urheber frei, sein Werk frei zu geben. Ebenso wie – BTW – jeder Verlag auch auf die Wahrnehmung eines Leistungsschutzrechts verzichten kann – wenn ein solches denn mal Realität wird.
Wie man „geistiges Eigentum“ ablehnen, aber Urheberrechte bzw. Nutzungsrechte bejahen kann, ist mir in der ganzen Debatte ohnehin unklar geblieben. Ich dachte immer ersteres sei der Oberbegriff für immaterielle Rechtsgüter wie „Urheber-, Patent- und Markenrechte“.
Ich kapiere es auch nicht. Ich kapiere nur noch Kindergarten bei den Piraten. Eigentlich schade.
P.S.: Einen kleinen Trost hat Frau Schramm aber für alle, die sich ihr Buch nicht bei der „Content-Mafia“ kaufen wollen. Ihr müsst nur noch zehn Jahre warten:
„Ich habe jetzt einen analogen Vertriebsweg gewählt, weil ich damit ein anderes Zielpublikum erreiche als mit meinem Blog. Außerdem bekomme ich die Rechte an dem Buch nach zehn Jahren wieder. Dann werde ich das Buch kostenlos zugänglich machen.“ Kein Scherz, nachzulesen im Interview mit dem besagtem Springer-Blatt. In der analogen Welt gelten natürlich ganz andere Prinzipien – klar.